Hey Leute,
ich komme gerade frisch aus dem ersten Level 1 Seminar in Deutschland. Das Ganze fand bei Reebok CrossFit Nürnberg statt. Die Box ist absolut eine der geilsten überhaupt! Ich habe noch nie so eine gut ausgestattete Box gesehen. Aber darum soll es hier ja auch nicht gehen. Ich möchte lieber ein paar Impressionen und Inhalte des Certs mit euch teilen.
Das Seminar ging am Samstag, den 02.06. um 9 Uhr morgens los und dauerte an beiden Tagen bis 17:30 Uhr. Geleitet wurde das Ganze von Karl Steadman von CrossFit 3D in Manchester und unterstützt von einem wirklich großartigen Team: Denise Thomas ebenfalls aus GB und Teilnehmer der South-East Regionals (13. Platz), Oliver Amdrup (Headcoach für Dänemark und Organisator der Europe Regionals), Matthew Evans (Inhaber von CrossFit Velocity), Drake Sladky von Reebok CF Nürnberg und Sebastian Rieder von CrossFit Vienna. Um auch Sprachbarrieren zu verhindern hat uns Philipp Imbush von CrossFit am Main bei jeglichen Übersetzungsfragen aber auch bei inhaltlichen Schwierigkeiten zur Seite gestanden. An dieser Stelle schon mal ein fettes Dankeschön an das gesamte Team! Ihr wart super!

Ja, wie hätte es anders sein können fing das ganze Seminar natürlich mit dem Thema an: „What is CrossFit?“ Das Publikum war extrem gemischt und reichte von Leuten, die vor 3 Monaten mit CrossFit angefangen haben, bis hin zu sehr erfahrenen Athleten. Da das Level 1 Seminar aber eine Art Einführung ist und nur den Grundstock für einen Trainer legen soll war das kein Problem. Wir haben uns schließlich mit Karl darauf „geeinigt“, das „constantly varied functional movement executed at high intensity“ CrossFit doch sehr gut umschreibt 😉 . Functional movements, also funktionelle Bewegungsmuster bedeutet, dass jede Bewegung im Crossfit eine natürliche ist, die eigentlich schon in unseren Körpern eingebrannt ist. Wir verlernen diese korrekte Bewegungsausführung nur durch unser sehr zivilisiertes Leben in dem wir uns nur wenig in unserer Umwelt bewegen müssen. Und genau hier knüpft die Aufgabe eines Level 1 Trainers an: wir sollen den Menschen beibringen wie sie diese Bewegungen sozusagen unfallfrei im Alltag durchführen können. Das Wichtigste jedoch an functional movements ist, dass sie die Kraft von Core to extremity, also von der Körpermitte in die Extremitäten leiten. Die Kraft kommt also hauptsächlich aus dem Rumpf. So, und nur so, können die von Crossfit geforderten: Large Loads, Long Distance, Quickly bewältigt werden. Aus diesen drei Elementen setzt sich auch die Intensität zusammen (p=(f*d)/t, durchschnittliche Power= (Kraft*Weg)/Zeit). Genau das sind dann auch die Stellschrauben mit denen die absolute Intensität in die für jeden wichtige relative Intensität umgewandelt wird. Das heißt zu gut deutsch: wenn ich das Workout nicht as Rx’d (also wie vorgeschrieben) bewältigen kann, dann muss ich es skalieren (scalen) und das passiert indem ich die Intensität runterschraube. Eine niedrigere Intensität erreiche ich dabei z.B. durch einen geringeren Zeitansatz, weniger Gewicht oder eine kürzere Wiederholungszahl oder Distanz. Jetzt fehlt noch ein Punkt: constant variety! Im Crossfit versuchen wir auf die so genannte General Physical Preparedness (generelle körperliche Bereitschaft, GPP) zu trainieren. Das bedeutet, dass wir versuchen eine möglichst breit angelegte und umfassende Fitness zu erreichen indem alle 10 physischen Grundfertigkeiten trainiert werden, denn nur so sind wir für alle möglichen Aufgaben die uns das Leben evtl. entgegenbringt gewappnet. Das Leben bestraft den Spezialisten! Dabei müsst ihr aber auch immer bedenken, dass Fitness im Crossfit Sinne einen Kompromiss darstellt. Wer stark und ausdauernd sein will kann niemals so stark werden wie ein Gewichtheber oder so ausdauernd wie ein Marathonläufer.

Nachdem wir den ersten Theorieteil also abgehakt hatten kamen wir zu dem eigentlich interessante Part: Praxis! Aber leider geht ja auch das bekanntlich nie ganz ohne Theorie. Es ging ab jetzt hauptsächlich um die 9 grundlegenden Übungen auf denen jede athletische Anstrengung und Bewegung beruht. Diese wurden gestaffelt aufeinander aufgebaut, sodass man von der einfacheren an die komplexere Übung herangeführt wurde.
Die Reihenfolge in der wir die Übungen über beide Tage behandelt haben war:
Squats Frontsquats Overhead Squats
Press Push Press Push Jerk
Deadlift Sumo Deadlift High Pull MedBall Clean
Dabei gab es zunächst immer erst einen kleinen Theorieteil von ca. 40-60 Minuten in dem uns alles Nötige zu den jeweiligen Übungen, der Ausgangsposition, der Ausführung und vor allem zu den möglichen Fehlern erzählt wurde. Das war gar nicht mal so trocken wie es sich anhört, denn die Crew hat den Unterricht doch sehr witzig und anschaulich gestaltet. Man hat einfach gemerkt dass es für die Jungs und Mädels mehr als nur ein Job ist und sie das wirklich leben und lieben was sie da tun.

Nach dem Theorieteil wurden wir jeweils in kleinere Gruppen eingeteilt und haben die eben besprochenen Übungen zusammen mit einem der Coaches in der Praxis durchgeführt. Das war insofern klasse als wir zum einen natürlich selbst die Übungen mal richtig gelernt und gespürt haben, zum anderen aber auch selbst in der Bütt standen um bei unseren Kollegen die Bewegungsausführung zu kontrollieren und Fehler zu verbessern. Dabei hat keiner der Coaches mit Tricks und Kniffen gespart die wir im Traineralltag verwenden können und die teilweise fast schon magische Auswirkungen auf die Bewegungen der jeweiligen Athleten hatte. Aber keine Sorge, wir werden hier sicherlich noch ein paar Videos folgen lassen in denen das ein oder andere erklärt und gezeigt wird.

Nach der Squatting-Session ging es dann aber erstmal wieder in die Vorlesung „What is Fitness?“ Na? Richtig, „increased work capacity across broad time and modal domains“! Sehr gut! Und auf Deutsch? Ungefähr so viel wie Verbesserung der Arbeitskapazität des Körpers über einen großen Zeitraum und diverse Aufgaben. Also im Endeffekt genau die General Physical Preparedness (GPP). Ergibt Sinn? Falls nicht ist das auch kein Problem ich werde schon bald in einem eigenen Blogbeitrag nur auf dieses Thema eingehen, da es so komplex ist. Wenn ich das jetzt hier ausführe liest keine Sau den Blog bis zum Ende 😉
Am Ende des ersten Tages gab es schließlich noch ein WOD: Team Fran yaaaaaaaaaaaaaaaaaay! Und was ist Team Fran? Man finde sich in Gruppen zu drei Personen zusammen und mache insgesamt 150 Thrusters um an deren Ende 150 Pull-Ups rauszuhauen. Sollte die Stange auf den Boden fallen, so kostet das das gesamte Team 50 Burpees bevor weitergemacht werden darf mit dem eigentlichen WOD. Aber nach einem großartigen Workout in dem mal wieder eine super Stimmung in der Nürnberger Box herrschte und bis zum letzten Mann angefeuert wurde wie es in unserer Community sein sollte gab es dann auch die Entlohnung: ein kühles Blondes und „socialising“ untereinander. Das stand zwar nicht auf dem Ausbildungsplan, wurde aber dennoch von den Coaches höchstpersönlich empfohlen.

Der zweite Tag startete dann wieder mit Theorie über Technik und Coaching. Wichtig war Karl bei dieser Vorlesung, dass wir den Unterscheid zwischen Sicherheit und Effizienz im Training verstehen. Ein absolut sicheres Training hat zwar den Vorteil das sich niemand verletzt, aber es bringt auch niemanden weiter. 100%-ig effizientes Training wiederum bringt enorme Erfolge, opfert aber den Sicherheitsaspekt und führt häufig und schnell zu Verletzungen. Unter dem Sicherheitsaspekt solltet ihr verstehen, dass jede Bewegung und jedes Workout unter den Prämissen: Mechanics, Consistency, Safety steht. Das heißt jeder Sportler sollte zunächst die Bewegung ohne Gewicht beherrschen (Mechanics verstanden haben), dann muss geprüft werden ob er die gute Ausführung auch bei hoher Wiederholungszahl aufrecht erhalten kann (Consistency) und zu guter Letzt wird die Intensität eingeführt. Aber eben erst dann! In der Mitte zwischen der Effizienz, die durch Threshold Training, sozusagen Training im Grenzbereich und darüber, repräsentiert wird und der Sicherheit liegt die Wirksamkeit (Efficacy) und auf genau die sind wir aus! Wir wollen ein gutes Verhältnis zwischen Sicherheit und Effizienz erreichen. Aber keine Sorge, solange ihr euch an das oben genannte Prinzip MCI (Mechanics, Consistency, Intensity) haltet werdet ihr genau das erreichen. Hin- und wieder wird dann ein neuer Maxkraft-Versuch eingestreut und 2x pro Woche ein Heavy day an dem ihr wirklich schwere Gewichte stemmt und schon seid ihr voll im Bereich der Efficacy!
Wir hören zwar oft dass die Crossfitter immer nur eines wollen, entweder Power oder Technik, aber das ist Quatsch. Auf die Frage welches von beiden wichtiger sei, antwortete auch Karl nur: “Yes!“ Und konterte mit der Gegenfrage: „Wenn wir uns zum Abendessen verabreden möchtest du dass ich ins richtige Restaurant komme oder pünktlich bin?“ – „Beides“ Genau, beides! Ebenso verhält es sich mit Power und Technik. Das eine ohne das andere ist sinnlos.

Auf die jetzt anschließende Praxisrunde mit Deadlifts, SDHP, und MedBall Cleans folgte die Vorlesung über Ernährung, passend kurz vor der Mittagspause, eine weitere Praxiseinheit mit Snatches und Muscle-Ups und schließlich die letzte Theorieeinheit über das richtige Programming. Das würde ich euch auch am liebsten gleich mitteilen, besonders weil ich von dieser Vorlesung so begeistert bin, aber auch das mache ich wohl lieber zu einem eigenen Artikel, sonst wird es wirklich viel zu lang!

Fertig? Neee,…was wäre ein Trainerseminar ohne Abschlussprüfung? Falls ihr vorhabt selbst noch ein Level 1 Cert zu machen dann müsst ihr vor der Prüfung echt keinen Bammel haben. Wenn ihr euch im Vorfeld etwas mit dem Crossfit Journal beschäftigt habt, den Training Guide gelesen habt (gibt’s auch zum Download im CFJ) und an dem Seminar gut aufpasst dann ist das alles kein Problem. Ein ca. einstündiger Multiple-Choice Test, der wahlweise in Englisch oder Deutsch geschrieben werden kann. Die deutschen Übersetzungen sind okay, aber ich empfehle dennoch die englische Version, denn die gesamte Literatur dazu und auch die Lehrstunden sind eben auf Englisch. Dann müsst ihr also nicht mehr umdenken. Aber so wie ich das aufgenommen habe waren einige von uns doch sehr dankbar dass eine deutsche Version daneben lag.
Nach dem Test folgte eigentlich nur noch eine kurze Ansprache vom Seminarleiter Karl Steadman in dem jeder nochmal geimpft wurde was er mit der (hoffentlich) neu erworbenen Lizenz alles machen darf und was nicht und die Worte mit auf den Weg gegeben, dass wir jetzt die neuen “ninja warriors“ sind und als Level 1 Trainer maßgeblich daran beteiligt bzw. schuld sind wie die Crossfit Community in Europa wächst und sich präsentiert. So Unrecht hat er da gar nicht, oder? Alles, was wir im Bezug Sport tun oder nicht tun wird mit dem Namen Crossfit in Verbindung gebracht werden. Ich hoffe, dass sich jeder der Teilnehmer dessen bewusst ist und daher auch in diesem Gebiet nicht aufhört sich weiterzubilden sondern neben seiner General Physical Preparedness auch seine General Coaching Ability and Knowledge weiterentwickelt.
Alles in allem war es auf jeden Fall ein super Wochenende und ich danke nochmal allen von der CrossFit Seminar Staff, den Übersetzern, dem Personal von RCFN und natürlich allen Teilnehmern für eine super lehrreiche und spannende Zeit in Nürnberg!
“Spread the word, guys and go out to change some lifes!“
Run – Jump – Lift – Repeat!
– Euer Art


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