Wieso brauche ich eine AbMat?

AbMat Sit-Ups?! Ha, der Klassiker! „Ich hab‘ keine AbMat – ich mache normale Sit-Ups das ist bestimmt genauso gut! Außerdem sind AbMat Sit-Ups ne doofe Übung! AbMats braucht kein Mensch!“

Sicher? Ganz ehrlich, als Coach möchte ich die AbMat nicht missen, sei es im klassischen Sit-Up, im Mobility Workout oder im Medizinball Training. Ich sag dir auch warum, aber erst einmal schauen wir uns an, was denn beim Sit-Up genau passiert und wer, wie, was diese Bauchmuskulatur eigentlich ist!

Die Bauchmuskulatur

Die Bauchmuskulatur hat viele verschiedene Funktionen. Dazu gehören die Rumpfflexion, die seitliche Beugung (Lateralflexion) und die Rotation ebenso wie die Unterstützung der inneren Organe und der Atmung.
Aber die Bauchmuskeln bestehen nicht nur aus deinem mehr oder weniger sichtbaren Sixpack (das Ding hat übrigens jeder von uns – nur eben manchmal ein „Sixpack im Speckmantel“) Es sind vielmehr vier verschiedenen Muskelgruppen, die auch noch unterschiedlich gefiedert sind:

Unsere Bauchmuskulatur ist im wahrsten Sinne des Wortes vielfältig
Unsere Bauchmuskulatur ist im wahrsten Sinne des Wortes vielfältig

Der gerade Bauchmuskel (rectus abdominis) verläuft senkrecht vom Brustkorb zum Becken und verbindet somit diese beiden Körperteile miteinander. Er ist der größte und am besten sichtbare Muskel im Bauchbereich und verhilft uns zu dem allgemein begehrten Sixpack. Der gerade Kamerad hier ist vor allem für die Beugung (Flexion) des Rumpfes zuständig und nähert somit Rippen und Becken einander an

Die schrägen Bauchmuskeln (m. obliquus internus und externus abdominis) sind zwei unterschiedliche Spieler, die in entgegengesetzter Richtung eine Querstreifung aufweisen. Das könnt ihr im Bild oben ganz gut sehen. Auch diese beiden verbinden Brustkorb und Becken miteinander und sind für die Rumpfrotation und die Lateralflexion (Seitbeuge) verantwortlich.

Der querverlaufende Bauchmuskel (m. transversus abdominis) liegt dem inneren schrägen Bauchmuskel an und ist vor allem für Druck/Kompression in der Bewegung zuständig. Er ist also einer der Hauptfaktoren in der Stabilisation und leider, leider auch unser „vergessener Muskel“, da er von den Meisten genauso wenig angesteuert werden kann wie der glutaeus medius, also der mittlere Gesäßmuskel.
Aber ist die Aufteilung der Bauchmuskeln denn sinnvoll? Absolut! Denn so kann ein Teil dieser Muskelgruppe für Stabilität sorgen, während ein anderer mit der dynamischen Ausführung einer Bewegung beschäftigt ist. Genial, dieser Körper oder?

Und was passiert jetzt beim Sit-Up?

Okay, wir haben also eine geniale Bauchmuskulatur, aber was passiert bei dieser Übung? Was geht bei diesem ominösen Sit-Up in uns vor?
Nun ja, zunächst liegst du ja mal auf deinem Rücken und bringst somit deine Wirbelsäule in eine neutrale Position – eventuell bist du in einem leichten Hohlkreuz. Bei einem idealen Sit-Up bewegen sich die Bauchmuskeln aus der maximalen Länge in die minimale Länge und dazu benötigen wir 2 Drehpunkte (im Bild heißen sie „pivot points“). Wir haben das einmal in der Lendenwirbelsäule (pivot point 1) und einmal im Becken (Nr. 2). Wenn wir jetzt auf der AbMat liegen, dann haben wir noch ein wenig mehr Streckung in der Bauchmuskulatur und somit einen höheren Bewegungsumfang. Und jetzt kommt diese geniale Bauchmuskulatur in ihrer vollen Pracht und baut beständig Spannung auf, was durch ihre Verbindung von Brustkorb und Becken dazu führt, dass diese beiden Teile sich annähern. Und du richtest dich daraufhin auf bzw. beugst deinen Rumpf. Tadaaaaaa: der Sit-Up! :-)

Was passiert beim Sit-Up?
Was passiert beim Sit-Up?

Okay, hab ich verstanden, aber wieso jetzt die AbMat nochmal?

Klar, Sit-Ups gehen auch ohne AbMat, aber mit diesem Tool – und zwar so eingesetzt, dass der höhere Anteil näher an deinem Hintern liegt, erhöhst du den möglichen Bewegungsumfang im Becken/Wirbelsäulen Bereich. Erst die AbMat erlaubt die Erhöhung und damit eine leichte Extension der Lendenwirbelsäule und so kriegen deine Bauchmuskeln genau das was sie wollen: Streckung, die Möglichkeit zur Nutzung der vollen Range of Motion (ROM) und schließlich eine kraftvolle Kontraktion.

Die AbMat ermöglicht den höheren Bewegungsumfang
Die AbMat ermöglicht den höheren Bewegungsumfang

Wenn es um die ROM geht hört man oft, dass der AbMat Sit-Up dem Glute-Ham-Developer (GHD) Sit-Up ja aber unterlegen sei. Stimmt! Absolut richtig! Aber das Ding ist, dass nicht jeder Mensch dazu in der Lage ist am GHD zu trainieren. Der AbMat Sit-Up ist eine super Progression, um sich an die Arbeit mit einem GHD heranzutasten, weil er bereits auf die volle spinale Bewegungsamplitude hin trainiert. Und das überträgt sich auch wieder direkt in andere CrossFit Übungen, wie die Toes to Bar, Knees to Chest und schon allein durch die verbesserte Rumpfkraft auf jede Bewegung deines Körpers.

Wie gesagt, ich möchte dieses Tool als Coach wie auch im eigenen Training nicht missen. Und das Beste ist die vielseitige Einsetzbarkeit, denn wenn sie gerade nicht für Sit-Ups gebraucht wird, dann bietet die AbMat einen super Kopfschutz bei Handstand Push-Ups, eine super Sitzunterlage beim Mobility Training, wenn gerade kein Yoga Block zur Hand ist, oder auch eine Sitzerhöhung für das Becken im Medizinball Training, was dem Sportler vereinfacht den Rücken im Sitzen gerade zu halten und entsprechende Körperspannung aufzubauen. Alles in allem ein ideales Tool – ob in seiner intendierten Funktion oder abseits davon!

Finish Strong,
euer Art

Quellen:
Bild 1: http://commons.wikimedia.org/wiki/File%3A1112_Muscles_of_the_Abdomen.jpg
Bild 2 + 3: Koch, Blom, and Jacob. Sit Ups Revisited, 2004

  • Thomas Nitschke

    Hi Markus. Was die Aussagen zur Zielsetzung angeht: völlig d’accord. Auch gebe ich Dir absolut recht, was die dynamische Arbeit angeht – die verlinkten Mythen 3 und 4 halte ich auch für solche. Ich wollte nur zum Ausdruck bringen, dass ich „stabilisierendes“ Training für genauso wichtig halte. Mobilität – statische motorische Kontrolle – dynamische motorische Kontrolle

    • Art Claas van der Heide

      Hi ihr beiden,
      ich denke, dass Mobilität und Stabilität in gleichem Maße wichtig sind! Die Muskulatur hat beide Aufgaben in der menschlichen Bewegung zu bewältigen und daher muss bzw. sollte auch beides trainiert werden.
      Gewichtheber trainieren zusätzlich klar dynamisch, weil sie, wie Markus schon richtig gesagt hat, in ihrem Sport ohnehin schon sehr statisch trainieren. Somit geben sie ein abgerundetes Bild dieser Muskelgruppe ab und erleide daher keine BS-Vorfälle.
      Super, dass hier eine solche Diskussion entstanden ist! Es gibt doch nichts Wertvolleres, als wenn ihr euch als Leser mit einschaltet! Vielen Dank für eure Sichtweisen und Meinungen!

  • Matthias Fischer

    Hallo Art,

    vorneweg erstmal: super, dass Du durch den Artikel generell
    die „Sit-Up“-Bewegung empfiehlst und den Aufbau sowie die Funktion der
    Bauchmuskulatur erläutert hast! Viele stützen sich ja heutzutage auf kleine
    „Minibewegungen“ mit den Schultern, statische Übungen oder Crunches (bzw.
    „Sit-Ups“), bei denen die Beine im 90°-Winkel in der Luft gehalten werden. Bei
    letzterer Variante ist das Becken in Richtung Bauchmuskeln gekippt, sodass noch
    weniger ROM vorliegt. Die Bauchmuskulatur in voller ROM zu trainieren ist in
    der Tat wichtig, danke für diese Aussage! Jedoch sollte man bei der AbMat (wie
    auch bei allen anderen Lordosestützen im Bauchmuskeltraining, auch wenn die
    Form der AbMat etwas breiter und abflachender ist, als die üblichen Polster)
    nicht nur den Vorteil, sondern v.a. auch den / die Nachteile beachten.
    Lordosestützen (also „Polster-Wölbungen“, die die natürliche
    Wirbelsäulenposition forcieren (also ein „Hohlkreuz“)) sind bei axialen
    Belastungen (senkrechte Belastungen auf die Wirbelsäule) sehr sinnvoll und
    erhöhen die Sicherheit bei Übungen wie z.B. Beinpressen, Schulterdrücken etc..
    Beim „Sit-Up“ ist die Belastung auf die Wirbelsäule jedoch radial (horizontale
    Belastungen auf die Wirbelsäule) und erzeugt somit (durch die Schwerkraft und
    das eigene Körpergewicht / Hebel des Oberkörpers) Scherkräfte auf die
    Wirbelkörper. Die maximal extendierte Position ist zwar gut für die ROM der
    Bauchmuskulatur, jedoch kann es durch das Widerstandskurvenmaximum in dieser Position zu Stauchungen in der Lendenwirbelsäule kommen. Daher überschatten die Nachteile hier leider die Vorteile … aber es gibt Übungsvarianten, die alle
    Vorteile bieten – ohne Nachteile. J

    Viele
    Grüße,

    Matthias,
    CAPECS Sports Consulting

    • Art Claas van der Heide

      Hi Matthias,

      wow vielen Dank für dein so ausführliches Feedback! Die radiale Belastung der LWS hab ich tatsächlich dummerweise außen vor gelassen.Hast du eventuell eine Quelle für mich, welche die so großen Nachteile, die du ansprichst belegt? Denn Koch et al. (siehe Quelle oben) sprechen hiervon gar nicht.

      Viele Grüße, Art

      • Matthias Fischer

        Hi Art,

        gerne doch! :-) Bezüglich der Quellen haben wir uns ja bereits ausgetauscht…
        Falls Du noch Anmerkungen hast etc., können wir gerne jederzeit nochmal sprechen!
        Viel Erfolg weiterhin – wir quatschen!

        Viele Grüße,
        Matthias

    • Thomas Nitschke

      Matthias hat einen sehr guten Punkt angesprochen. Außerdem hoffe ich, dass nicht der Eindruck entsteht, die von Matthias als „statisch“ bezeichneten Übungen seien weniger wichtig oder effektiv – Frontstütz, Seitstütz mit und ohne zusätzlichen Arm-/Beinbewegungen gehören einfach dazu. Den meisten Teil unseres aktiven Tages (stehend, sitzend, laufend) hat die Bauchmuskulatur kaum Rumpfflexion zu bewältigen. Das erledigt die Schwerkraft. Die Bauchmuskulatur ist vielfältig an der Stabilisierung des Rumpfes bei Bewegung der Extremitäten beteiligt und sollte auch dahingehend trainiert werden. Übrigens lohnt ein Blick auf hängende Positionen wie bei Klimmzügen und deren Effekt auf LWS und Aktivität des M. rectus abdominis 😉